Mindestlohn

Alfred Börsch
September 2014

1. Nachdem die große Koalition 2013 vereinbart hatte, dass erstmals in Deutschland ein Mindestlohn eingeführt werden soll, wird dieses Regierungsvorhaben nun mit Wirkung ab dem 01.01.2015 umgesetzt.

Das neue Mindestlohngesetz (MiLoG) schreibt vor, dass ab dem 01.01.2015 jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Mindestarbeitsentgelt von 8,50 € brutto je Arbeitszeitstunde hat.

2. Die Bundesregierung setzt eine Mindestlohnkomission ein, die alle zwei Jahre, erstmals also mit Wirkung ab 01.01.2017 über eine Anpassung der Höhe des Mindestlohnes beschließt.

3. Da der Mindestlohn gesetzlich vorgeschrieben ist, ist er verbindlich. Das heißt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer können nicht wirksam einen niedrigeren Arbeitslohn vereinbaren. Wenn dennoch im Arbeitsvertrag ein geringerer Lohn vereinbart wird, so ist diese Vergütungsvereinbarung unwirksam. In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Vergütung zu zahlen, die in der Gegend, in der sich das Unternehmen befindet, üblicherweise für diese Tätigkeit bezahlt wird. Die Höhe kann sich aus einem Tarifvertrag ergeben und kann durchaus höher sein, als der Mindestlohn.

4. Bereits jetzt gibt es Diskussionen zu der Frage, wie der Mindestlohn zu berechnen ist, ob   etwa Gratifikationen, Provisionen oder sonstige Sonderzahlungen einzuberechnen sind.

Sowohl das BAG als auch der EuGH haben festgelegt, dass mindestlohnrelevant nur solche Zahlungen sein können, die tatsächlich und widerruflich zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, üblicherweise also zum Monatsende, als Vergütungszahlung ausbezahlt wurden. Damit sind bereits nicht zu berücksichtigen solche Sonderleistungen oder Gratifikationen, die etwa einmal jährlich (z.B. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) bezahlt werden. Entsprechend gilt für Provisionen, dass sie nur dann berücksichtigt werden können, wenn sie jeweils am Monatsende und unwiderruflich ausgezahlt werden.

Bei Zulagen, Zuschlägen u. ä. zusätzlichen Leistungen hängt die Anrechenbarkeit  auf den Mindestlohn davon ab, dass solche Zahlungen nach ihrer Zweckbestimmung als direkte Gegenleistung/Normalleistung für die geleistete Arbeit anzusehen ist. Eine Anrechnung findet danach nicht statt z.B. bei Mehrarbeitszuschlägen, bei Sonn- und Feiertagszuschlägen, Wechsel-/Schichtzulagen, Überstundenzuschlägen und Zuschläge bei Arbeiten für besonders belastende oder gefährliche Tätigkeiten. Eine Anrechnung findet nach der Rechtsprechung des EuGH und des BAG nicht statt, weil solche Zahlungen zusätzlich für besondere Umstände, etwa für Erschwernis, Arbeit an Wochenenden pp geleistet werden und solche Zahlungen nicht erfolgen für die „Normalleistung“ des Arbeitnehmers.

5. Der Mindestlohn muss am Ende eines Monates gezahlt werden. Sofern ein Arbeitszeitkonto vertraglich, aufgrund Betriebsvereinbarung oder durch Tarifvertrag vorgesehen ist, müssen die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden, die über die vertragliche Arbeitszeit hinausgehen, spätestens innerhalb von 12 Kalendermonaten nach der jeweiligen monatlichen Erfassung entweder durch bezahlte Freizeit oder durch Zahlung des Mindestlohnes ausgeglichen werden.

6. Das Mindestlohngesetz sieht eine besondere Haftungsregelung vor. Danach haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt für die Verpflichtungen dieses beauftragten Unternehmers, eines Nachunternehmers oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleiher zur Zahlung des Mindestentgeltes nach dem Mindestlohngesetz an dessen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wie ein Bürge. Die Haftung beschränkt sich auf das Nettoentgelt und betrifft also nicht die Sozialabgaben und Lohnsteuer. Das bedeutet, zahlt ein beauftragter Unternehmer, Nachunternehmer oder Verleihunternehmer an seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht den Mindestlohn, so können diese Arbeitnehmer den Unternehmer auf Zahlung des Nettolohnes in Anspruch nehmen. Dieses Risiko kann durchaus abhängig vom Auftragsumfang hoch sein. Dabei ist es unerheblich, ob die Zahlungen bewusst oder unbewusst, vorsätzlich oder nicht vorsätzlich nicht erfolgen.